24. Sept. – 06. Okt. 2014

Gesamtstrecke: 1375.2 km
Maximale Höhe: 444 m
Minimale Höhe: -2 m

Nuova Scotia

Wir haben uns etwas südlich von Halifax im Staat „Nova Scotia“ 3 Tage auf einem wunderschönen Camping aufgehalten, wo wir uns intensiv wieder wohnlich eingerichtet haben. Z.B. war ja für die Verschiffung die ganze Führerkabine leer, und im Wohnraum war längst nicht alles an seinem Platz durch die vorherige Umräumerei. Die Kunststoff-Hundebox hat Karl nun kunstvoll an der linken Fahrzeug-Rückseite an der Leiter befestigt. Da wir ja nun nichts auf dem Dach transportieren, sollte normalerweise da auch kein Aufstieg nötig sein.

Dann statteten wir dem nahen Peggy’s Cove einen Besuch ab. Es ist erstens ein ganz kleines, aber malerisches Dörfchen mit bekanntem Leuchtturm. Bewohner hat es deren 35, Besucher aber jeden Tag ein Mehrfaches. Trotz einigen Souvenirläden hat das eigenartige Fischerdorf mit seiner stattlichen anglikanischen Kirche doch seinen Charakter bewahrt, dem auch die Touristenströme und der Dudelsack-Spieler nichts anhaben können.

Ganz in der Nähe liegt eine der beiden denkwürdigen Gedenkstätten für die 229 Fluggäste, die am 3. September 1998 mit Swissair-Flug SR 111 ums Leben gekommen sind. Die Maschine wollte von New York nach Europa fliegen, bekam technische Probleme und meldete eine Notlandung in Halifax an. Das Ablassen von Treibstoff im Meer draussen wurde ihr dann zum Verhängnis, und vor der Bucht von Peggy Cove stürzte sie ins Meer, so nahe beim Flughafen… Die Gedenkstätte an Land – etwas weg vom Dorf – ist sehr schlicht gestaltet und total der steinigen Landschaft angepasst. Darauf steht zuunterst: „They belong now to heaven and to the sea.“ Die Namen-Liste der Verunglückten ist bei der zweiten Gedenkstätte, ca. 12 km entfernt, zu finden, doch die haben wir nicht besucht.

Wir wecken überall helle Begeisterung mit unserem exotischen Fahrzeug, das ja fast wie ein „Mini“ wirkt neben ihren riesigen Camper-Vans oder Lastwagen, die ihren Wohnteil sogar als Auflieger transportieren. Alle finden die grossen Duro-Räder und seine Gelände-Gängigkeit „unique“. Dann werden wir überhäuft mit viel, viel Geschwätz, wovon wir meistens nicht die Hälfte verstehen, so schnell laufen diese Mundwerke!

Man kommt sich in Nova Scotia – selbst in den Vororten von Halifax – wie in England und Schottland vor: Jeder hat da sein kleines oder grösseres aus Holz erbautes Einfamilienhaus auf einer Etage mit einem gepflegten, grossen Rasen rund herum, keine Mehrfamilienhäuser, denn Platz ist ja genügend vorhanden. Dadurch kommt man sich in Nova Scotia fast wie in 1 zusammen gebauten Dorf vor – ein eigentliches Ortschaftszentrum gibt es selten, was eigenartig anonym anmutet. Diese immer wieder auftauchenden Häuser (mit grossem Abstand voneinander) links und rechts entlang der Strasse erschweren enorm die Suche nach einem ruhigen Rast- oder Uernachtungsplatz. Links und rechts ist ja alles dicht bewaldet, mit einzelnen Ausblicken auf Meeresbuchten, und führt mal eine Strasse weg, so garantiert zu einem Haus.

Die Wälder sind stellenweise ganz bunt verfärbt, und zwar intensiv in verschiedensten Rot-, Orange- und Gelbtönen, dazwischen immer wieder das Grün der Koniferen. Das ist der sog. „Indian Summer“. Wir haben diese Farb-Erlebnisse auch vor einem Jahr in Bulgarien auf der Heimreise im Oktober 2013 erlebt (jener Reisebericht kann auch auf dieser Homepage nachgelesen werden unter „Schwarzes Meer 2013“). Es sind v.a. die vielen Ahornbäume, die sich hier so malerisch verfärben. Diese Farben sind so leuchtend und eindrücklich, dass man sich nicht satt sehen kann und das Gefühl hat, sie leuchten einem direkt in die Seele hinein!

Im nördlichen Teil von Nova Scotia befindet sich das Cap Breton, das wir auch gemütlich umrundet haben. Bekannt ist v.a. der Cabot-Trail, doch den hätten wir uns sparen können, denn ausser Nebel, Wind und Nieselregen gab es nicht viel zu sehen, dabei wären traumhafte Ausblicke aufs Meer hinunter versprochen. Landschaftlich erinnert das Cap Breton stark ans schottische Hochland mit den steinigen Küsten und dem windigen Wetter.

Was uns seit Halifax auffällt: Es gibt immer wieder französische Siedlungen und auch rein französisch-sprachige Radiosender, die wir musikalisch sehr genossen und uns über die französische Sprache mit englischem Akzent amüsiert haben. Grundsätzlich ist in Kanada das Meiste immer zweisprachig angeschrieben, und wir haben uns auch schon französisch verständigt.

Auffallend viele Kirchen gibt es in Nova Scotia, bei jeder grösseren Häusersiedlung wieder eine. Meistens sind es anglikanische Gemeinden, Presbyterian Churches oder United Church of Canada, sehr wenig „Roman Catholic“.

Wir erleben die Kanadier als ruhigen Leuteschlag, freundlich und aufgeschlossen, mit einer gesunden Zurückhaltung.

New Foundland

Da uns die weite, wilde Landschaft Kanadas bisher fehlte, beschlossen wir die Weiterreise nordwärts nach New Foundland.

Dies ist aber nur via Autofähre während 6 Stunden möglich. Wir wählten die Nachtfahrt ab North Sydney /N.Scotia=N.S. nach Port-aux-Basques /New Foundland=Nfdl. So konnte wenigstens Larissa nachts schlafen im Auto, und damit sie dabei ruhig ist, wollte Esther bei ihr nächtigen. Karl tat es uns schliesslich gleich, weil wir im Camper besser liegen als auf einem Liegesessel. Nur mussten wir uns ganz ruhig verhalten, denn Uebernachten im Schiffsbauch ist nicht gestattet. 

Am Morgen des 2. Oktober empfing uns in Nfdl schönes Wetter und ein ganz anderes Landschaftsbild, das uns begeisterte: Die Siedlungen sind hier geschlossener beieinander, was dem Ort sofort eine einladendere Atmosphäre verleiht. Zwischendurch gibt es immer wieder unberührte, unbewohnte Landschaften, und die abzweigenden Pisten führen oft nicht zu Häusern. Was uns auch sofort auffiel, sind die hoch gelegten Eingangstüren, was auf einen ziemlichen Schnee-Reichtum schliessen lässt. Irgendwelche Schwellen oder Stufen ermöglichen den Eintritt ins Haus ohne Schnee. Auch hier sind die Einfamilienhäuschen oft klein, aber farbig, ähnlich wie in Skandinavien.

Die Vegetation ist hier oben etwas weniger, die Bäume niedriger und auch weniger farbig, weil hier die Nadelbäume vorherrschen. Oft weht ein recht kalter Wind. Nach 4 Tagen herrlichen Herbstwetters, das oft ein Sitzen an der Sonne erlaubt – mit und ohne Jacken – soll es nun abkühlen und regnerisch werden.

 

Es sollte hier oben eine Unmenge von Elchen haben, denen man oft begegnen soll. Bis jetzt haben wir aber noch keinen solchen Riesen getroffen.

Auch hier erleben wir die Kanadier als sehr angenehme, lebensfrohe Menschen, viel ruhiger als die Europäer. Hier wird nicht herum gehetzt, man hat Zeit füreinander, auch für gegenseitige Besuche. Die Europäer könnten hier lernen, wie die Leute sich anlächeln und auch miteinander ins Gespräch kommen. Auch uns „passiert“ das, und wir sind ja sicher fremd für sie. Hier sind wir selber etwas im Clinch: Ich würde das auch sehr gerne tun, „befürchte“ dann aber immer, dass ich den umgangssprachlichen Spass oder Ausspruch nicht verstehe und dann durch falsche Reaktion mehr Kopfschütteln verursache als Freude. Wir können uns sicher recht gut ausdrücken auf Englisch, und uns verstehen sie schon, aber wie befürchtet haben sich unsere Ohren noch nicht voll an die Geschwindigkeit und die teils verschluckten Silben der Nordamerikaner gewöhnt, um alles mit zu bekommen.

Die Preise, v.a. für Lebensmittel, sind so hoch wie bei uns. Das soll in den USA wesentlich günstiger sein. Was aber eine grosse Erleichterung ist hier in Kanada und USA gegenüber: Hier sind Masse, Gewichte, Distanzen, Hohlmasse metrisch wie bei uns, einzig das sog. halbe Kilo wird mit dem englischen Mass von ca. 450 Gramm gehandhabt.

Wir haben via Stephenville die Kleinstadt Corner Brook erreicht – ein denkwürdiger Ort, den wir wohl nicht mehr so bald vergessen werden. Am Freitagabend, 3. Oktober, stellten wir mit Schrecken fest, dass der Retourgang unseres Automatik-Getriebes nicht mehr funktioniert; ausser eventuell am Morgen, wenn das Getriebeöl noch kalt ist, kann noch ein Minimum an Kraftschluss stattfinden.

Die „Mercedes-G“-Getriebe, die in vielen Duros laufen (die neueren haben ein Allison-Getriebe drin), so auch bei uns, sind heikel. Unseres hat nun ca. 200‘000 km gut überstanden, und auch vor der Abreise bestand kein Verdacht, der auf eine Unstimmigkeit hingewiesen hätte. Trotzdem hat uns also bereits nach 10 Tagen das Schicksal ereilt, und wir stehen vor der grossen Herausforderung, dieses Problem zu lösen. Lokal hier kann uns niemand helfen, weil dieses Mercedes-G-Getriebe nicht bekannt ist. Wir liessen einen Getriebe-Oelwechsel ausführen, aber auch das neue Oel brachte keine Lösung.

Wir hätten doch geplant gehabt, noch die Hauptstadt St.John’s zu besuchen und dann in Nfld weiter nordwärts zu fahren und mit einer weiteren Fähre rüber nach Labrador und von dort wieder südwärts dem Lorenz-Strom entlang. Diesen Trail hätten wir wohl gerade noch so über die Runden bringen können vor dem Wintereinbruch, doch es hat nicht sollen sein, sehr schade, hat aber wohl seinen Sinn.

Wir nahmen sofort Kontakt auf mit unserem Service-Techniker in Schwarzwald, Andreas Bauer, den Einige unter Euch auch bestens kennen. Er konnte eben erst am Montag, 6. Oktober, Abklärungen mit dem Mercedes-Getriebe-Spezialisten treffen.

Heute Montag konnten nun doch bereits einige Weichen gestellt werden in Richtung einer allerdings länger dauernden Lösung: Andi Bauer bereitet ein gebrauchtes Getriebe vor, indem er es zuvor bei einem Getriebe-Spezialisten revidieren lässt, was so ca. Mitte Oktober fertig werden sollte. Dann haben wir bei ADAC München eine sehr kompetente Export-Person zugeteilt bekommen, welche die Sendung dann übernehmen und die Luftfracht nach Halifax vornehmen wird.

Gleichzeitig hatten wir per Mail mit 2 Mercedes-Garagen Kontakt aufgenommen, eine in Halifax (N.S) und die andere in St.John’s (Nfdl). Letztere hat bis jetzt nicht geantwortet, hingegen jene von Halifax. Nach einigen Mails und Rückfragen hat man uns dort zugesagt, die Demontage des alten Getriebes in ihrer Werkstatt vorzunehmen und dass wir ihre Firmen-Adresse zugleich als Bestimmungsort für die Luftfracht angeben können. Wir alle hoffen, dass auch der Einbau dort korrekt vorgenommen werden kann mit Hilfe von Andi’s guten Vorbereitungen der zu liefernden Aggregate und noch Einbau-Instruktionen. So sehen wir doch inzwischen etwas klarer und wissen nun soviel, dass wir uns morgen, 7.Oktober, auf die (leider) Retourfahrt nach Halifax (ca. 800 km) machen müssen, dazwischen noch die 6-stündige Fährverbindung zwischen Nfdl und Nova Scotia. Drückt uns bitte alle Daumen, dass unsere Vorwärtsgänge zumindest noch so lange durchhalten, denn scheinbar könnte ein defekter Retourgang auch die Vorwärtsgänge beschädigen – das wäre dann wirklich fatal. Bis jetzt haben wir ja noch Glück im Unglück.

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