Georgien – Russland – Ukraine

Gesamtstrecke: 2579.93 km
Maximale Höhe: 2401 m
Minimale Höhe: -44 m

Mit der Wieder-Einreise von Armenien nach Georgien (GE) fand wie befürchtet auch ein Wetterumschlag  statt. Es wehte ständig ein kalter Nordwind, der ein Draussensitzen verunmöglichte. Was uns sofort auffiel, waren üppig grüne Wiesen im Gegensatz zu den gelben verdorrten Steppen Armeniens, und die klare Ursache dafür sind natürlich mehr Niederschläge, die wir auch bald empfindlich zu spüren begannen.

Auch hier in Georgien legten grosse Kuh- und Schafherden ganze Verkehrsstrassen lahm, wenn sie Fahrbahnen überquerten. Das fanden wir immer so amüsant, und gehupt wurde meist nur bei einer vielleicht ganz schwerfälligen Kuh, die sich mitten auf der Strasse gar nicht mehr weiter bewegte. Man stelle sich solche Manöver mal auf unseren Strassen vor!

Wir fuhren bei unserem 2. Anlauf in Georgien bald in Richtung des Grossen Kaukasus im Norden des Landes. Das ist ein wirklich überwältigendes Bergmassiv, das  seine mächtigen Flanken weit bis an den Strassenrand ausstreckt, und  blickte man die oft fast senkrechten Wände hoch, lag jeden Tag ein bisschen mehr Schnee darauf.

Befährt man ab GE-Tiflis bis Kaspegi den Kreuzpass und die Darjal-Schlucht, so steht man plötzlich vor dem georgischen/russischen Zoll. Schon lange hatten sich die Gerüchte verdichtet, dass diese Landesgrenze nach Russland, resp. In die RSO = Republik von Südossetien (aber von Russland beherrscht), wirklich offen und problemlos zu passieren sei. Der rege Grenzverkehr von Russen und Georgiern schien dies zu bestätigen; auch hatte uns eine schwedische Familie in Gegenrichtung erzählt, dass sie keinerlei Problemen begegnet sei. Da wir uns ja mit dem russischen Visum von der Schweiz aus eingedeckt hatten, war es wirklich verlockend, auf dem Landweg nach Russland zu gelangen statt einer komplizierten Fährverbindung oder wieder über die Türkei retour.  Somit würden ja auch unsere ursprünglichen Pläne umgesetzt, das Schwarze Meer doch noch zu umrunden.

Den letzten „Kick“ für diese Wegvariante gab uns dann das nasskalte, garstige Bergwetter im georgischen Grossen Kaukasus. Eine Nacht lang stürmte und schneite es auf ca. 2000 m.ü.M., morgens waren alle Hänge rundum weiss, und wir sagten uns, dass wohl andere noch geplante Bergrouten in dieser Bergwelt länger je schlammiger und rutschiger würden. Mit anderen Worten, wir waren gegen Ende September bereits zu spät dran für das georgische Hochland. Wir hatten das falsch kalkuliert, indem wir zuerst dieses hätten bereisen müssen und das wärmere und trockenere Armenien anschliessend, also genau umgekehrt, wie wir das gemacht hatten.

Also „entflohen“ wir am 26. September der rauen georgischen Bergwelt in Richtung der tiefer gelegenen Ebenen Russlands. Doch da war Warten angesagt. 2 Stunden und 10 Minuten standen wir in einer Autoschlange, und die Abfertigung selber dauerte dann auch noch 1 ¼ Stunde. Alles lief seitens des russischen Zolls total korrekt, aber sehr, sehr genau ab, mit vielen internen telephonischen Rückfragen. Für gewisse rein russische Formulare hat uns zum Glück eine englisch sprechende Beamtin unterstützt.

In Russland (RUS) begrüsste uns schönes Wetter, ordentliche und stattliche Häuser mit fast keinen Abfällen am Strassenrand. Die weiten, fruchtbaren Ebenen Südrusslands genossen wir als sehr befreiend. Viladikavaz erlebten wir als angenehme (südossetische) Stadt mit hilfsbereiten Menschen; wir bemerkten in dieser Region nichts Beunruhigendes.

Die Leute sind recht aufgeschlossen, eher interessierter als in Georgien und Armenien. V.a. die jungen Leute suchen Gespräche, doch, da sie ja natürlich wieder nur russisch sprechen und keine andere Sprache, ist nicht viel Gedankenaustausch möglich.

Nach 2 Tagen begann es aber zu regnen, und dieses Nass verwandelte das ganze „Camping-Paradies Russland“ in schlammige Feldwege. Wir kämen da wohl mit unserem Allrad-Fahrzeug teilweise durch, aber unvorstellbar, was wir da an Dreck und Lehm ins Wageninnere schleppen würden, auch Larissa. Somit wurde die Suche nach geeigneten festeren und doch ruhigen Stellplätzen für Mittag, den Abend und die Nacht erschwert – davon können wohl alle Campierenden unter Euch ein Lied singen!

Die Kirchen Russlands sind eine Augenweide: die markanten zwiebelförmigen und vergoldeten Türme und reich dekorierte Fassaden.

Mit dem Internet in Russland hatten wir aber gar kein Glück. Nach mehreren Anläufen in Internet-Shops funktionierte das Ganze zuerst, doch nach 15 – 30 Minuten flog man wieder aus dem Netz – vielleicht wacht doch noch der russische Geheimdienst irgendwo im Hintergrund??

Unsere grobe Route in Russland: Viladikavaz – Pjatigorsk – Labinsk – Majkop – Tuapse (zurück am Schwarzen Meer) – Novorossijsk – Anapa – Halbinsel Taman.

Von da weg führte eine Fähre rüber auf die Halbinsel Krym /Ukraine (UA), wobei auch noch Zollabfertigungen erledigt werden mussten. Die Fährüberfahrt dauerte eine knappe halbe Stunde plus die Einreise in die Ukraine. Das Ganze wickelte sich auf beiden Seiten erstaunlich schnell und problemlos ab.

Landschaftlich erlebten wir die viel gerühmte UA-Krym aber eher eintönig flach, v.a., da ja auch die grossen Weizenfelder nicht mehr stehen.

Leider machte das Wetter aber gar nicht mit, nicht mal in Südrussland und auf der Krym, die ja normalerweise bis im Oktober noch Badevergnügen und Sonne bieten. Die Leute hier waren genau so frustriert. Sie hatten eine schlechte Saison mit dem relativ späten Frühling und nun bereits im September wieder Saison-Ende. Es blies ein kalter Nordwind (ca. 3 – 5 Grad), der Regen weichte Naturstrassen auf, die es nebst sehr welligen Teerstrassen auch noch oft gibt. An einem Abend – es war schon dunkel – zogen wir einen ukrainischen PKW aus dem glitschigen Strassengraben, in den er abgerutscht war. Zum Glück für ihn campierten wir in der Nähe seines Missgeschicks. Wir fuhren auf den schlechten Strassen nicht mehr als 50 – 60 km/h, was sich bewährte, aber wir kamen so eher langsam vorwärts, fühlen uns dabei aber sicher.

Wir waren dankbar, unfall- und pannenfrei fahren zu dürfen, denn leider liegt immer mal wieder ein PKW neben der Fahrbahn, auch abgerutschte LKWs warteten auf Rettung, und leider passierten wir auch viele überfahrene Tiere. Man fährt hier für die schlechten Strassenverhältnisse und Regen einfach viel zu schnell.

In der Ukraine sahen wir wieder verbreitet alte, verkommene  Hausfassaden, und die kleineren Häuser sind ärmlich und baufällig, ähnlich wie manchmal in Armenien. Wir würden sagen, dass es den Leuten hier in der Ukraine nicht so gut geht, wie denjenigen, die dem „Putin-Verein“ angehören, davon zeugen Häuser, Strassen und die Gesamtbilder der verkommenden Städte und Dörfer.

Die Ukrainer empfanden wir als nicht sehr zugänglich, wofür wohl v.a. wieder mal die Sprachbarriere verantwortlich ist. Wieso wird in all diesen Ländern so wenig Gewicht aufs Englisch-Lernen gelegt?

Ab der UA-Krym fuhren wir nun wegen des schlechten und wirklich kalten Wetters ziemlich direkt hoch nach Cherson und Odessa.

Wir schätzten unsere kleine „Bärenhöhle“, die uns Wärme, Trockenheit und Geborgenheit bot.

Für unsere Larissa war das auch nicht so lustig, da wir die Spaziergänge bei diesem Sibirien-Wind und Regen auf ein Minimum beschränkten. Wenn wir sie laufen lassen konnten, mussten wir sie trotzdem immer beaufsichtigen, da sie ständig Abfälle findet zum Fressen, die ihr natürlich nicht gut tun. Ihre Backenzahn-Entzündung hat sich im Moment dank Medis gelegt, und sie hat damit durchgehalten bis nach Hause.

Ab Odessa (Ukraine) begann nach einer total verregneten und kalten Woche doch wieder mal hie und da die Sonne zu scheinen. Die Riesenstadt am Schwarzen Meer durchquerten wir dank unserer Satelliten-Navigation recht gut. Relativ bald nachher durchfährt man in Richtung Westen einen ca. 10 km langen moldawischen Korridor. Da kriegt man vom ukrainischen Zoll einen Kontrollzettel, den man am anderen Ende seinem Kollegen wieder zurückgibt. Moldawien zum Ersten wäre also erledigt, das zweite Intermezzo stand aber noch bevor.

Vorerst wieder auf ukrainischem Boden, fuhren wir Richtung Ismail weiter. Da hat uns wieder mal der Hunde-Amor-Pfeil getroffen. Wir fütterten eine mittelgrosse, kurzhaarige, braun/schwarz gestromte, ca. 6- 7 Monate alte und total magere Hündin, die sich dann mit grossen Zuneigungs-Bezeugungen sehr dankbar zeigte und offensichtlich am liebsten gleich mitgefahren wäre. Sie schien äusserlich gesund, im Fell sehr intakt und aufgestellt. In jenem Moment überwogen aber bei uns die Bedenken vor den noch vielen Grenzüberquerungen und v.a. die komplexen Vorschriften für Einfuhr eines Hundes aus einem „Land mit urbaner Tollwut“ in den EU-Raum. Auch wären die Platzverhältnisse im Camper mit 2 Hunden sehr prekär, und v.a. Larissa knurrte und fuhr das Hundemädchen sehr unwirsch an.  Auch bei uns meldeten sich Bedenken über die Machbarkeit der Haltung von 2 altersmässig so unterschiedlichen Hunden.

Je weiter wir aber von „Strömeli“ wegfuhren, desto schwerer wurde unser Herz. Es wurde uns bewusst, dass sie fern von einem richtigen Dorf ohne regelmässiges Futter den bevorstehenden Winter nicht überleben würde. Es waren schwierige  Stunden der Entscheidung, indem wir uns Vorwürfe machten, egoistisch gehandelt zu haben, weil es ja mal in erster Linie um die Rettung eines Lebens ginge, das für uns als sehr wertvoll gilt. Wir waren drauf und dran, umzukehren und Strömeli doch noch zu holen, doch irgendwie hielt uns eine innere Stimme trotzdem zögernd davon ab.

Mit dem Verlassen der Ukraine wurde uns dann richtig klar, dass es keinen Weg mehr zurück gab. Das machte uns dann nochmals zu schaffen, und wir bereuten echt all unsere gehabten Bedenken. Heute noch denken wir oft an die Schöne, und es tut uns weh, sie dem Hunger, der Einsamkeit und der bevorstehenden Kälte ausgesetzt zu wissen.

Bevor wir aber Ismail in Richtung Reni (ukr. Ausreise) verliessen, vollbrachten wir doch noch eine gute Tat: Wir machten Mittagspause in der Senke eines Feldweges, vor einem Wasserloch. Einige einheimische Fahrzeuge bewältigten dieses Hindernis problemlos, bis auf einen PKW. Der wollte die nasse Stelle umfahren und blieb dabei dann wirklich im weichen Morast daneben stecken – zügig gerade durchs Wasser hätte er es wohl besser geschafft. Ausser ihm und uns war niemand zugegen, und so fuhr Karl mit unserem „Bär“ in die Nähe, zu nahe ran konnte er aber auch nicht, denn prompt staken auch wir fest. Inzwischen waren Kollegen des Ukrainers dank Natel eingetroffen, und mit vereinten Kräften und mit Unterlegen von Aesten kam wenigstens unser Bär wieder frei. Die Kollegen holten weitere Seile, und mit genügend Verlängerung konnte der PKW rückwärts aus seiner „Fango-Packung“ herausgezogen werden. Er war bis ans Dach inkl. Scheiben voller Dreck. Das war dann ein Riesen-Hallo, und man wollte uns zu Vodka etc. einladen. Wir zogen aber unseren ruhigen Standplatz neben dem  Feldweg vor und liessen die Schlammgruppe ihres Weges ziehen!

Ein anderes ukrainisches Fahrzeug hatten wir ja bereits in der UA-Krym aus dem glitschigen Strassengraben gezogen (vgl. letzter Bericht), und in Armenien hatten wir einen PKW auf die Passhöhe des Vorotan-Passes gezogen – für Duro-Bären kein Problem!

Am folgenden Tag schalteten wir im ukrainischen Grenzort Reni vor dem 2. Moldavien-Transit Richtung Rumänien noch eine Mittagspause ein. Ein junger Hirte mit seinen Geissen gesellte sich zu uns und bemühte sich nach allen Kräften um ein paar deutsche Ausdrücke, denn seine Grossmutter hätte deutsch gesprochen. Es war aber eine ausgesprochen mühsame Unterhaltung. Einfach so telephonierte der Hirte (Natel sei allgegenwärtig!) seiner Frau, und die brachte uns Ziegenkäse, Ziegenmilch, Wein und später noch Trauben und Baumnüsse. Wir waren wieder einmal fassungslos ob dieser Spontaneität und „Gastfreundschaft“. Die Milchprodukte waren übrigens so vorzüglich und frisch, dass wir gar nichts von Ziegengeschmack merkten, selbst beim Sieden der Milch nicht.

Was uns in Russland und in der Ukraine besonders aufgefallen ist: Während die Männer wenig Wert auf ihr Aeusseres legen, auch bezüglich Kleidung, sind die Frauen – die aelteren sowie die jungen – für westliche Begriffe zu sehr und zu kitschig aufgetackelt und überschminkt. Das Angebot an (Mode)schmuck ist ebenso zu üppig, das glitzert und funkelt ja nur noch – mehr Schein als Sein, aber warum? Die Neigung vieler osteuropäischer Frauen zu grossem Luxus und hohen Ansprüchen, wenn sie dank einem westlichen Partner erst mal im Westen sind, ist ja eigentlich auch bekannt, weshalb?

Wollen sie so die harten Entbehrungen, die Land und Leute unter der UdSSR mitgemacht hatten, bewusst oder unbewusst kompensieren?? Wir können uns hier keinen Reim drauf machen, eventuell jemand von Euch?

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